Kleinod mit berührender Geschichte
Gutleuthofkapelle in Heidelberg-Schlierbach nahm die Sorgen der leprakranken Menschen auf
Rückbesinnung auf barocke Vorbilder – das war der Wunsch der katholischen Kirchengemeinde St. Martin in Mannheim-Seckenheim, als sie sich für den Bau einer neuen Orgel für ihre Pfarrkirche St. Aegidius entschied. Die imposante Orgel, entworfen von der renommierten Orgelbauwerkstatt Seifert in Kevelaer, war der krönende Abschluss einer aufwändigen Renovierung und Neugestaltung der neobarocken Pfarrkirche.
Mit der neuen Orgel hat sich die Gemeinde ein klangliches Meisterwerk geleistet, denn das Instrument orientiert sich an der handwerklichen und klanglichen Tradition des 18. Jahrhunderts. 32 klingende Register und über 1.800 Pfeifen erzeugen Tonfarben von Flöten, Streichern, Posaunen sowie dem Chalumeau als Vorläufer der Klarinette. Dadurch lässt sich in St. Aegidius nun auch wieder der Klang eines klassischen sinfonischen Orchesters hören, der an die Musik der „Mannheimer Schule“ zur Zeit von Kurfürst Karl Theodor (1724 – 1799) erinnert. Konzeptionell unterstützt wurde die Gemeinde vom erzbischöflichen Orgelinspektor.
Für den anspruchsvollen Auftrag hatte sich das Team der Orgelbaufirma während der Planungsphase in die Zeit des Barock zurückversetzt und viele Studienfahrten unternommen, um sich in historische Techniken und Bauweisen einzuarbeiten. So entwickelten die Orgelbauerinnen- und bauer einen Blasebalg mit historisch nachgebauten Keilbälgen aus Fichtenbrettern. Keilbälge waren eine Weiterentwicklung bisheriger Blasebälge aus Leder. Keilförmig zugeschnittene Bretter ersetzten das Leder, wurden nur noch mit Lederstreifen miteinander verbunden und konnten sich auf diese Weise in Falten legen. Wie im Barock üblich schnitt das Orgelbauteam für die Balgfalten rund vierzig Felle feinstes Schafleder zu Streifen und Zwickeln zu. Ebenso kam für den gesamten Orgelbau überwiegend Holz zum Einsatz, was dem Instrument seine typische Klangfarbe verleiht. Das lange Warten der Pfarrgemeinde – rund zehn Jahre lang wurde auf einer kleinen Behelfsorgel gespielt, die vorige Orgel hatte die Gemeinde nach Polen gespendet – hat sich gelohnt.
Die Pfälzer Katholische Kirchenschaffnei förderte den Neubau der Orgel.
Fotos: Orgelbau Seifert, Kevelaer