Dialog, Mystik, Selbstfindung
Am Rande der Überlinger Altstadt finden Besucher im Suso-Haus einen Ort der Begegnung und der Auseinandersetzung mit sich selbst. Es ist angeblich das Geburtshaus des Mystikers und Dichters Heinrich Seuse, der am 21. Januar 1295 hier am Bodensee das Licht der Welt erblickte. Seuse (lateinisch: Suso) wurde maßgeblich von Meister Eckhart beeinflusst und gilt als einer der drei bedeutenden Mystiker Deutschlands im Mittelalter. Seuse war aktiv in der Seelsorge tätig und machte es sich zum Prinzip, den Menschen als Individuum zu akzeptieren. Sein Ziel war es, Menschen zu ermutigen, eigene Erfahrungen zu machen und den Glauben an Gott selbst zu erleben. Das gewonnene Bewusstsein und die Achtung für sich selbst prägen den Umgang miteinander. Diese Gedanken werden vom Gesamtkunstwerk „Quellturm“ aufgegriffen, das das Zentrum des Suso-Hauses bildet. Es erstreckt sich über vier Ebenen und führt die Lehre der Gelassenheit durch einen immer wieder hinauf fließenden und dann fallenden Tropfen vor Augen. So werden im Quellturm grundlegende Aspekte der Mystik in unserer Zeit veranschaulicht.
Im Jahr 2006 wurde der Musiker und Dichter Michael Stoll bei einem Rundgang durch Überlingen auf das Suso-Haus, eines der ältesten süddeutschen Bürgerhäuser, aufmerksam gemacht. Das Gebäude war unbewohnt und der Garten verwildert. Gemeinsam mit Mitgliedern der Künstlergemeinschaft WortRaum gründete Michael Stoll einen Trägerverein und begann das vom Verfall bedrohte Haus zu sanieren. Im Einklang mit den Gedanken Heinrich Seuses wurde das Haus als ein Ort des Dialoges und der Mystik.
Die Erzbischof Hermann Stiftung unterstützte die Sanierung des Hauses und die Herausgabe der Vita Heinrich Seuses – und damit auch die Verbreitung des Gedankenguts des Mystikers. Das Suso-Haus und sein vielseitiges Angebot – von Herzens-Meditation, Übungen zur Achtsamkeit und die Möglichkeit zum freien Gespräch – sind für viele Überlinger zu einer festen Institution geworden.