Instagram des 18. Jahrhunderts
So viele Bilder fluten heute allerorten unseren Alltag. Das war bis vor rund hundert Jahren ganz anders. Umso wertvoller sind handgemalte Bilder der wichtigsten Gebäude der Stadt Freiburg aus dem 18. Jahrhundert. Sie sind zu finden in zwei Handschriften des in Freiburg geborenen Priesters Joseph Felizian Geissinger (1740-1806), die er zur Geschichte der Stadt und des Freiburger Münsters erstellt hat. Die Bilder ermöglichen einen Blick in die Vergangenheit und sind deshalb wichtige Zeugen für die weltliche und die Kirchengeschichte Freiburgs. Im Frühjahr 2020 hat die Erzbischöfliche Bibliothek Freiburg diese zwei sogenannten illuminierten – also bebilderten – Handschriften Geissingers erworben. Die beiden acht und 39 Bogen starken Schriften gehörten bislang immer Privatpersonen, öffentlich zugänglich waren sie nie. Nun ergänzen sie die vier Handschriften Geissingers, die schon seit dem frühen 19. Jahrhundert im Bestand der Freiburger Universitätsbibliothek sind.
Die neu erworbenen Handschriften enthalten zahlreiche, teils farbige Darstellungen von Personen aus der Freiburger Stadtgeschichte sowie Bauwerken der Stadt Freiburg. Darunter sind auch längst nicht mehr oder in anderer Form existierende Gebäude wie beispielsweise das Augustiner-Chorherrenkloster, das an der Stelle des heutigen Ordinariatsgebäudes stand. Auch Darstellungen der Martinskirche samt Kreuzgang und Nebengebäuden im Zustand kurz nach Aufhebung des Franziskanerklosters und Errichtung der Pfarrei, oder der Universität, der Kapellen St. Ottilien und St. Valentin sind in den Handschriften zu finden.
Geissingers Werke überliefern in Wort und Bild die Innengestaltung des Freiburger Münsters zu einer Zeit, in der Barock und Klassizismus noch nicht aus dem Gotteshaus verbannt worden waren. Denn ab 1785 ließ die „Münsterbau- und Verschönerungskommission“ im Zeichen der Neugotik zahlreiche Holz-, Steinbildhauer- und Kunstschreinerarbeiten aus dem Münster entfernen. Die davor entstandenen Zeichnungen Geissingers sind daher seltenes Zeugnis zahlreicher Kunstwerke, die vor diesen Umbauten das Münsterinnere schmückten.
Geboren wurde Geissinger am 14. Dezember 1740 in Freiburg. Nach Besuch der Schule und des Priesterseminars in Freiburg trat er 1772 in das Priesterseminar in Meersburg ein und wurde dort 1773 zum Priester geweiht. Ab 1783 war Geissinger Pfarrer in Buchholz. Zu dieser Zeit verfasste er eine Ortschronik und legte eine Sammelschrift mit Zeichnungen und Inschriften aus dem Freiburger Münster an. Über 20 Jahre hatte der Priester mit seinen Handschriften zur Pflege der Geschichte Freiburgs beigetragen.
Die Handschriften sind digitalisiert worden und in der Erzbischöflichen Bibliothek Freiburg eingestellt. Auch die Universitätsbibliothek Freiburg wird die Handschriften bei den „Freiburger Historischen Beständen“ veröffentlichen. So stehen mit den beiden Neuerwerbungen der Öffentlichkeit insgesamt sechs Handschriften Joseph Felizian Geissingers hochwertig online zur Verfügung.
Die Erzbischof Hermann Stiftung förderte den Ankauf der beiden Handschriften für die Erzbischöfliche Bibliothek Freiburg.
Bilder: Klaus Polkowski